00:16
											 
											
												In Wirklichkeit bin ich alleinerziehende Mutter für acht Kinder.
											 
										 
																																				
											
												00:18
											 
											
												Wir haben die Betreuung nach der Schule.
											 
										 
																																				
											
												00:21
											 
											
												Wir schauen, dass die Kinder alle in die Schule, in den Kindergarten oder in die Lehre gehen.
											 
										 
																																				
											
												00:25
											 
											
												Betreuen sie am Nachmittag mit den Aufgaben. Wir gehen zum Zahnarzt.
											 
										 
																																				
											
												00:30
											 
											
												Wir gehen zum Friseur. Wir gehen einkaufen. Alles, was Eltern auch machen.
											 
										 
																																				
											
												00:35
											 
											
												Ich finde es einfach schön in einer WG Kindern zu helfen, die es nicht so gut vom Start weg gehabt haben.
											 
										 
																																				
											
												00:42
											 
											
												Weil die Kinder, die zu uns kommen, sind Kinder, die aus Krisensituationen von der Familie weg müssen.
											 
										 
																																				
											
												00:49
											 
											
												Es ist bei uns in der WG, dass sie einen geschützten Rahmen, einen geschützten Raum haben,
											 
										 
																																				
											
												00:54
											 
											
												wo sie sich gesund entwickeln können.
											 
										 
																																																					
											
												00:58
											 
											
												Schlimm ist für mich immer, wenn es um Aggression geht.
											 
										 
																																				
											
												01:00
											 
											
												Da ist es immer ganz wichtig auch zu wissen, woher kommt das Kind, was bringt es schon mit.
											 
										 
																																				
											
												01:05
											 
											
												Wir sagen immer, welchen Rucksack trägt er schon mit, warum kommt es zu so einem Aggressionsausbruch.
											 
										 
																																				
											
												01:11
											 
											
												Die Sachen werden offen gelegt. Man muss darüber reden und Lösungen finden gemeinsam.
											 
										 
																																																					
											
												01:16
											 
											
												Man muss auf alle Fälle tolerant sein, konsequent sein und eine starke Persönlichkeit sein,
											 
										 
																																				
											
												01:24
											 
											
												weil die Kinder und Jugendlichen sofort merken, wenn du selber unsicher bist, dann bist du verloren.
											 
										 
																																				
											
												01:30
											 
											
												Es sind natürlich ganz andere Kulturen, die jetzt auf uns zukommen.
											 
										 
																																				
											
												01:33
											 
											
												Auch da muss man sich interessieren dafür um zu verstehen, warum die Jugendlichen so oder so reagieren.
											 
										 
																																				
											
												01:40
											 
											
												Es ist auch ganz schwierig den Jugendlichen, die da mit 12, 13, 14 bei uns landen,
											 
										 
																																				
											
												01:45
											 
											
												zu erklären, sie sind jetzt nicht mehr erwachsen, wie es zum Beispiel in Afghanistan ist,
											 
										 
																																				
											
												01:51
											 
											
												wo sie mit 12 ganz normal arbeiten und jetzt plötzlich müssen sie bis 15 in die Schule gehen.
											 
										 
																																				
											
												01:57
											 
											
												Viele sind nie in die Schule gegangen und jetzt plötzlich dürfen sie nicht arbeiten.
											 
										 
																																				
											
												02:02
											 
											
												Es ist ihnen gesagt worden, sie kommen da her, sollen dann Geld nach Hause schicken,
											 
										 
																																				
											
												02:06
											 
											
												werden von zu Hause sehr unter Druck gesetzt, weil die Eltern,
											 
										 
																																				
											
												02:09
											 
											
												meistens sind nur die Mütter über mit den restlichen Geschwistern.
											 
										 
																																				
											
												02:13
											 
											
												Denen muss man erst erklären, dass das bei uns nicht möglich ist.
											 
										 
																																																					
											
												02:18
											 
											
												Das ist eine sehr große Herausforderung, dass man den Jugendlichen erklärt,
											 
										 
																																				
											
												02:22
											 
											
												wie es bei uns läuft, wie unsere Kultur funktioniert, dass es eben eine Schulpflicht gibt.
											 
										 
																																				
											
												02:28
											 
											
												Gleichzeitig ist es für die Jugendlichen und für die Kinder, die hier schon wohnen,
											 
										 
																																				
											
												02:33
											 
											
												auch eine Herausforderung zu sehen, der darf mit 13 schon länger am Abend weg
											 
										 
																																				
											
												02:40
											 
											
												oder der darf seine Freunde besuchen. Ich darf das nicht.
											 
										 
																																																					
											
												02:44
											 
											
												Es sind andere Voraussetzungen. Ich meine, die sind über Monate alleine unterwegs gewesen
											 
										 
																																				
											
												02:49
											 
											
												und haben es überlebt, dann kann ich ihn da nicht einsperren und sagen,
											 
										 
																																				
											
												02:54
											 
											
												du muss um 9 Uhr da sein, da fährt die Eisenbahn drüber. Das geht nicht.
											 
										 
																																				
											
												02:57
											 
											
												Jedes Kind braucht seine eigenen Regeln. Ein bisschen locker lassen und die langsam an unsere Regeln heranführen.
											 
										 
																																																					
											
												03:07
											 
											
												Es ist sehr wohl eine große Herausforderung.
											 
										 
																																				
											
												03:09
											 
											
												Aber es ist auch schön, wenn man dann sieht, es tut sich was und sie lernen Deutsch
											 
										 
																																				
											
												03:14
											 
											
												und man kann sich dann endlich mit ihnen ausführlicher unterhalten.
											 
										 
																																																					
											
												03:20
											 
											
												Es sind dann schon schöne Momente auch dabei bei aller Anstrengung.
											 
										 
																																																					
											
												03:26
											 
											
												Von der Ausbildung her habe ich Kindergarten, Hort und Sonder- und Sozialpädagogik gemacht.
											 
										 
																																				
											
												03:30
											 
											
												Ich muss sagen, für mich ist das die beste Grundvoraussetzung.
											 
										 
																																				
											
												03:35
											 
											
												Das heißt, da würde ich allen Jugendlichen mitgeben, schaut, dass ihr so viele Ausbildungen wie möglich schaffen könnt.
											 
										 
																																				
											
												03:41
											 
											
												Traumapädagogik ist ein ganz wichtiges Stichwort in dieser Richtung, auch durch diese viele minderjährig Unbegleitete.
											 
										 
																																				
											
												03:53
											 
											
												Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir ganz viele Ausbildungen angeboten bekommen,
											 
										 
																																				
											
												03:58
											 
											
												die uns in der Arbeit unterstützen.
											 
										 
																																				
											
												04:00
											 
											
												Aufstieg in dem Sinn, pädagogische Leitung kann man übernehmen oder Krisenzentrum.
											 
										 
																																																					
											
												04:08
											 
											
												Ich glaube, das ist ein sehr krisensicherer Beruf. Uns wird es immer geben.
											 
										 
																																				
											
												04:12
											 
											
												Es wäre schön, wenn sich noch mehr Männer melden würden,
											 
										 
																																				
											
												04:15
											 
											
												weil natürlich die Kinder, ob Bursche oder Mädchen auch den männlichen Teil brauchen, weil wir auch Vorbild sind.
											 
										 
																																																					
											
												04:37
											 
											
												Ihr müsst Euch das vorstellen. Bis ca. 1977 ist gewissermaßen 80 bis 85% das, was Sozialarbeiterinnen,
											 
										 
																																				
											
												04:46
											 
											
												damals werden sie schon Sozialarbeiterinnen genannt, das machen Leute im Bereich der Jugendamt-Sozialarbeit.
											 
										 
																																				
											
												04:54
											 
											
												Dann gibt es noch die Straffälligenhilfe, also die Bewährungshilfe.
											 
										 
																																				
											
												04:58
											 
											
												Dann beginnt erst mit den ausgehenden 1970er Jahren
											 
										 
																																				
											
												05:04
											 
											
												erstmalig eine Ausdifferenzierung in verschiedene Handlungsfelder in diese Vielfalt.
											 
										 
																																				
											
												05:09
											 
											
												Das ist geprägt von den Sozialarbeiterinnen, die jetzt im Bereich,
											 
										 
																																				
											
												05:14
											 
											
												gerade auch im Zusammenhang mit der Frauenbewegung entstehen die ersten Frauenhäuser,
											 
										 
																																				
											
												05:19
											 
											
												in späterer Folge dann Interventionsstellen gegen Gewalt in der Familie.
											 
										 
																																				
											
												05:25
											 
											
												Es entstehen Streetwork-Projekte.
											 
										 
																																				
											
												05:28
											 
											
												Es entstehen in den 1980er Jahren neue Formen der Wohnungslosenhilfe, die auf Schiene gebracht werden.
											 
										 
																																				
											
												05:35
											 
											
												Die Suchthilfe, die Psychosozialen Dienst-Angebote.
											 
										 
																																				
											
												05:40
											 
											
												Diese sozialpsychiatrischen Problemfälle werden von Sozialarbeiterinnen gemacht.
											 
										 
																																				
											
												05:46
											 
											
												Diese Situation, dass wir jetzt ein Wording haben,
											 
										 
																																				
											
												05:54
											 
											
												dass alle Bachelor-Programme Soziale Arbeit großgeschrieben und getrennt genannt werden,
											 
										 
																																				
											
												06:00
											 
											
												ist eine, ohne es so kenntlich gemacht zu haben, Übernahme bundesdeutscher Wordings.
											 
										 
																																																					
											
												06:10
											 
											
												Die Frage ist immer rechtliche Normen, Theorie und wie wird die Praxis gelebt.
											 
										 
																																				
											
												06:16
											 
											
												Die Berufsgruppe hat immer wieder die Herausforderung in diesem Spannungsfeld zu agieren.
											 
										 
																																				
											
												06:26
											 
											
												Das heißt, es gibt einen alten Klassiker, der sagt, es gibt das doppelte Mandat.
											 
										 
																																				
											
												06:30
											 
											
												Das eine Mal verstehst du dich als beruflicher Sozialarbeiter, Sozialarbeiterin.
											 
										 
																																				
											
												06:36
											 
											
												Ich bin für meine Klientinnen da.
											 
										 
																																				
											
												06:40
											 
											
												Andererseits wirst du natürlich auch von der öffentlichen Sozialverwaltung bezahlt.
											 
										 
																																				
											
												06:44
											 
											
												Das ist natürlich so etwas wie ein Spannungsverhältnis.
											 
										 
																																				
											
												06:47
											 
											
												Beziehungsweise es gibt neuerdings, das könnte man auch ein bisschen optimistisch interpretieren,
											 
										 
																																				
											
												06:53
											 
											
												ein drittes Mandat, wo man sagt, wir haben auch eine gesellschaftspolitische Herausforderung.
											 
										 
																																				
											
												07:00
											 
											
												Wir als Berufsgruppe sind auch dazu da, eine gerechtere und sozialere Gesellschaft mitzubewirken.
											 
										 
																																																					
											
												07:07
											 
											
												Behördliche Sozialarbeit hat natürlich auch in den letzten 15 Jahren zunehmend nur mehr ihre Kernbereiche.
											 
										 
																																				
											
												07:17
											 
											
												Das andere wird einfach ausgelagert und zugekauft von freien Trägern der Wohlfahrt.
											 
										 
																																				
											
												07:22
											 
											
												Es gibt gewissermaßen diesen Wohlfahrtsmix.
											 
										 
																																				
											
												07:25
											 
											
												Er ist aber nicht, wie viele glauben, ein ganz neues Phänomen und hätte mit dem Neoliberalismus zu tun.
											 
										 
																																				
											
												07:32
											 
											
												Ich als Historiker, der auch die Geschichte der Sozialen Arbeit immer wieder erforscht hat in den letzten Jahrzehnten,
											 
										 
																																				
											
												07:39
											 
											
												muss feststellen, seit den 1880er Jahren kann man nachweisen, dass die behördlichen Einrichtungen und Träger
											 
										 
																																				
											
												07:46
											 
											
												auf der einen Seite schon anno dazumal gesagt haben, wir haben viele Vereine,
											 
										 
																																				
											
												07:52
											 
											
												denen geben wir Subventionen und Förderungen und die sollen das und das für uns miterledigen.
											 
										 
																																				
											
												07:58
											 
											
												So ist es eigentlich seit eh und je. In diesem historischen Ablauf ist es einmal so und so das Mischungsverhältnis.
											 
										 
																																				
											
												08:05
											 
											
												Aber an sich ist es nichts Neues.
											 
										 
																																				
											
												08:08
											 
											
												Es führt natürlich auch dazu, dass jetzt in den Handlungsfeldern teilweise natürlich die Bezahlung auch variiert.
											 
										 
																																				
											
												08:17
											 
											
												Es ist so, dass die Verberuflichung des weiblichen sozialen Ehrenamtes
											 
										 
																																				
											
												08:24
											 
											
												am Vorabend des I. Weltkrieges seine ersten Ausprägungen hatte
											 
										 
																																				
											
												08:29
											 
											
												mit gesetzlichen Veränderungen, dass man überhaupt in die Familie hineinintervenieren konnte.
											 
										 
																																				
											
												08:34
											 
											
												Bei Missbrauch und bei Vernachlässigung hat man dann das Jugendamt gesetzlich institutionell geschaffen.
											 
										 
																																				
											
												08:41
											 
											
												Dann hatte man die Herausforderung und am Ende des I. Weltkrieges
											 
										 
																																				
											
												08:46
											 
											
												beziehungsweise zu Beginn der Ersten Republik im Jahre 1918
											 
										 
																																				
											
												08:49
											 
											
												hat man dann erstmalig ein öffentlich rechtlich anerkanntes Ausbildungssystem bekommen.
											 
										 
																																				
											
												08:55
											 
											
												Wir haben heutzutage in jedem Bundesland eine Ausbildung. Das war aber nicht immer so.
											 
										 
																																				
											
												09:00
											 
											
												In jedem Bundesland haben wir eine Sozialarbeiterinnen-Ausbildung.
											 
										 
																																				
											
												09:03
											 
											
												Aber es sind keine geklonten identen Ausbildungsprogramme.
											 
										 
																																																					
											
												09:08
											 
											
												Es ist klar, die Grundsachen sind überhaupt keine Frage.
											 
										 
																																				
											
												09:14
											 
											
												Es gibt dann natürlich standortbezogene Profile, Akzente und dergleichen mehr.