00:15
											 
											
												Mein klassischer Arbeitsalltag schaut so aus, dass ich in der Früh in die Schule komme,
											 
										 
																																				
											
												00:19
											 
											
												mich mit meinen Lehrerkollegen vernetze, bespreche, was für aktuelle Fälle gibt es gerade,
											 
										 
																																				
											
												00:26
											 
											
												welche Problemlagen gibt es gerade, was hat sich von gestern auf heute vielleicht wieder aufgetan an Problemen.
											 
										 
																																				
											
												00:30
											 
											
												Ich spreche mich mit der Direktion dann ab und habe dann für den Tag entweder wieder neue Fälle,
											 
										 
																																				
											
												00:36
											 
											
												wo ich von Seiten der Lehrer erfahren habe, dass es manchen Kindern nicht gut geht,
											 
										 
																																				
											
												00:41
											 
											
												dass manche Kinder Unterstützung brauchen.
											 
										 
																																				
											
												00:42
											 
											
												Und habe eigentlich schon meine Liste an Kindern, wo ich weiß, da braucht es kontinuierliche Gespräche,
											 
										 
																																				
											
												00:50
											 
											
												da braucht es eine Begleitung, weil sie sich gerade in einer Krise befinden.
											 
										 
																																																					
											
												00:55
											 
											
												Oder so wie in dieser Time-for-you-Pause, die ich habe, die biete ich jeden Tag an,
											 
										 
																																				
											
												01:00
											 
											
												kommen die Kinder her. Sie dürfen sich wie in einem Jugendzentrum frei entfalten,
											 
										 
																																				
											
												01:06
											 
											
												dürfen spielen, dürfen auch laut sein.
											 
										 
																																				
											
												01:08
											 
											
												Da kommen auch die Kinder von selbst mit Wünschen, Sorgen, Beschwerden, Problemen.
											 
										 
																																																					
											
												01:15
											 
											
												Wenn Schüler in einer Krise sind und sich z.B. telefonisch bei mir melden, reagiere ich natürlich dann darauf
											 
										 
																																				
											
												01:20
											 
											
												und versuche so gut wie möglich ihnen behilflich zu sein, um diese Krise zu meistern.
											 
										 
																																				
											
												01:26
											 
											
												Es ist noch möglich, dass ich Schüler begleite zu verschiedenen Ämtern,
											 
										 
																																				
											
												01:30
											 
											
												zu Einvernahmen bei der Polizei kann auch sein.
											 
										 
																																				
											
												01:33
											 
											
												Wenn Kinder öfter unentschuldigt fehlen, wenn die Eltern nicht anrufen,
											 
										 
																																				
											
												01:40
											 
											
												wenn keiner die Kinder entschuldigt, der erziehungsberechtigt ist,
											 
										 
																																				
											
												01:43
											 
											
												mache ich einen Hausbesuch in einer gewissen Zeit,
											 
										 
																																				
											
												01:47
											 
											
												wenn das vom Klassenvorstand gewünscht ist, weil sie sich auch Sorgen machen.
											 
										 
																																				
											
												01:51
											 
											
												Ich schaue dann nach, brauchen sie was, geht es ihnen nicht gut, warum kommen sie nicht in die Schule.
											 
										 
																																																					
											
												01:57
											 
											
												Wenn jetzt z.B. ein Lehrer sagt, bitte rede mit dem Schüler A
											 
										 
																																				
											
												02:00
											 
											
												oder mit dem Schüler X oder Y, weil er so stört in der Klasse,
											 
										 
																																				
											
												02:05
											 
											
												da ist meistens immer etwas dahinter und geht es nicht nur rein ums Stören,
											 
										 
																																				
											
												02:10
											 
											
												sondern meistens gibt es Probleme im Park mit Freunden, frisch verliebt oder frisch getrennt,
											 
										 
																																				
											
												02:18
											 
											
												oder in der Familie gibt es Stress, das Zimmer ist zu klein.
											 
										 
																																				
											
												02:22
											 
											
												Da gibt es ganz viele Probleme. Das ist immer so unterschiedlich.
											 
										 
																																																					
											
												02:26
											 
											
												Zum Mobbing, Cyber-Mobbing, Sexding sind natürlich auch Formen von Gewalt, die in Schulen passieren.
											 
										 
																																				
											
												02:35
											 
											
												Auch hier gibt es immer Beratungsgespräche, um ihnen Lösungswege aufzuzeigen,
											 
										 
																																				
											
												02:40
											 
											
												um mit ihnen gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.
											 
										 
																																				
											
												02:43
											 
											
												Wo ich sehr viel Verantwortung habe ist natürlich dann, wenn es um Gewalt geht,
											 
										 
																																				
											
												02:49
											 
											
												Gewalt in der Familie zum Beispiel, wo Kinder Gewalt erfahren.
											 
										 
																																				
											
												02:54
											 
											
												Da muss man natürlich auch dementsprechend vorsichtig im Gespräch sein.
											 
										 
																																				
											
												02:58
											 
											
												Einfühlungsvermögen ist natürlich sehr wichtig, weil man mit den Kindern zum Teil auch mitleidet.
											 
										 
																																				
											
												03:06
											 
											
												Man sollte keine Scheu haben auf die Kinder zuzugehen aktiv, mit ihnen ins Gespräch zu kommen.
											 
										 
																																				
											
												03:11
											 
											
												Spaß an der Arbeit ist, glaube ich, ganz wichtig.
											 
										 
																																				
											
												03:14
											 
											
												Ich finde gerade junge Menschen, Jugendliche merken immer, wenn man authentisch ist.
											 
										 
																																				
											
												03:18
											 
											
												Das merken sie viel besser als viele Erwachsene.
											 
										 
																																				
											
												03:20
											 
											
												Und so gut wie möglich immer an den Trends, an der aktuellen Jugendkultur dabei zu sein,
											 
										 
																																				
											
												03:27
											 
											
												um auch mitreden zu können, um nicht ein Interesse vortäuschen zu müssen, weil ich will das Interesse haben.
											 
										 
																																				
											
												03:35
											 
											
												Ich will mich mit den Jugendlichen unterhalten über Pokemon, wenn das jetzt gerade so modern ist.
											 
										 
																																				
											
												03:39
											 
											
												Was auch immer ihnen gefällt.
											 
										 
																																				
											
												03:41
											 
											
												Am liebsten mache ich Workshops. Ich finde, in Form von einer Gruppenarbeit,
											 
										 
																																				
											
												03:46
											 
											
												in Form von Workshops kann man ganz viele Kinder auf einmal erreichen.
											 
										 
																																				
											
												03:49
											 
											
												Das heißt, wenn es in einer Schule der Verdacht auf einen Suchtmittelmissbrauch gäbe,
											 
										 
																																				
											
												03:55
											 
											
												kann ich Suchtpräventions-Workshops anbieten, Informations-Workshops zu gewissen Themen.
											 
										 
																																				
											
												03:59
											 
											
												Sexualpädagogik-Workshops oder Gewaltpräventions-Workshops oder Kampfspiele
											 
										 
																																				
											
												04:06
											 
											
												z.B. wenn es schon Gewalt in Klassen gibt und sie überhaupt nicht miteinander zurechtkommen.
											 
										 
																																				
											
												04:11
											 
											
												Das ist die Möglichkeit, auf die Schulsozialarbeit zurückzugreifen und es anzufordern,
											 
										 
																																				
											
												04:16
											 
											
												damit wir dann dort versuchen, Workshops zu machen.
											 
										 
																																																					
											
												04:20
											 
											
												Besser ist es natürlich präventiv mit Workshops zu starten und nicht erst anlassbezogen,
											 
										 
																																				
											
												04:25
											 
											
												weil natürlich die Erfolgschance viel höher ist, wenn man präventiv schon arbeitet.
											 
										 
																																																					
											
												04:33
											 
											
												Ich glaube, es wird immer mehr Bedarf geben für Schulsozialarbeiter,
											 
										 
																																				
											
												04:36
											 
											
												weil natürlich die sozialen, die psychosozialen Probleme von Schülern zunehmen in einer heutigen schnelllebigen Zeit.
											 
										 
																																				
											
												04:42
											 
											
												Und es da ein gutes Unterstützungssystem geben sollte,
											 
										 
																																				
											
												04:47
											 
											
												damit Kinder sich auf ihre berufliche Karriere konzentrieren können
											 
										 
																																				
											
												04:51
											 
											
												und nicht darüber sich Gedanken machen müssen, wenn es Mama schlecht geht,
											 
										 
																																				
											
												04:57
											 
											
												wie sie der Mutter helfen können, wie sie dem nächsten Streit aus dem Weg gehen können.
											 
										 
																																																					
											
												05:16
											 
											
												Ihr müsst Euch das vorstellen. Bis ca. 1977 ist gewissermaßen 80 bis 85% das, was Sozialarbeiterinnen,
											 
										 
																																				
											
												05:25
											 
											
												damals werden sie schon Sozialarbeiterinnen genannt, das machen Leute im Bereich der Jugendamt-Sozialarbeit.
											 
										 
																																				
											
												05:33
											 
											
												Dann gibt es noch die Straffälligenhilfe, also die Bewährungshilfe
											 
										 
																																				
											
												05:37
											 
											
												Dann beginnt erst mit den ausgehenden 1970er Jahren
											 
										 
																																				
											
												05:43
											 
											
												erstmalig eine Ausdifferenzierung in verschiedene Handlungsfelder in diese Vielfalt
											 
										 
																																				
											
												05:48
											 
											
												Das ist geprägt von den Sozialarbeiterinnen, die jetzt im Bereich,
											 
										 
																																				
											
												05:53
											 
											
												gerade auch im Zusammenhang mit der Frauenbewegung entstehen die ersten Frauenhäuser,
											 
										 
																																				
											
												05:58
											 
											
												in späterer Folge dann Interventionsstellen gegen Gewalt in der Familie.
											 
										 
																																				
											
												06:03
											 
											
												Es entstehen Streetwork-Projekte.
											 
										 
																																				
											
												06:07
											 
											
												Es entstehen in den 1980er Jahren neue Formen der Wohnungslosenhilfe, die auf Schiene gebracht werden.
											 
										 
																																				
											
												06:14
											 
											
												Die Suchthilfe, die Psychosozialen Dienst-Angebote.
											 
										 
																																				
											
												06:19
											 
											
												Diese sozialpsychiatrischen Problemfälle werden von Sozialarbeiterinnen gemacht.
											 
										 
																																				
											
												06:26
											 
											
												Diese Situation, dass wir jetzt ein Wording haben,
											 
										 
																																				
											
												06:33
											 
											
												dass alle Bachelor-Programme Soziale Arbeit großgeschrieben und getrennt genannt werden,
											 
										 
																																				
											
												06:39
											 
											
												ist eine, ohne es so kenntlich gemacht zu haben, Übernahme bundesdeutscher Wordings.
											 
										 
																																																					
											
												06:49
											 
											
												Die Frage ist immer rechtliche Normen, Theorie und wie wird die Praxis gelebt.
											 
										 
																																				
											
												06:55
											 
											
												Die Berufsgruppe hat immer wieder die Herausforderung in diesem Spannungsfeld zu agieren.
											 
										 
																																				
											
												07:05
											 
											
												Das heißt, es gibt einen alten Klassiker, der sagt, es gibt das doppelte Mandat.
											 
										 
																																				
											
												07:09
											 
											
												Das eine Mal verstehst du dich als beruflicher Sozialarbeiter, Sozialarbeiterin.
											 
										 
																																				
											
												07:15
											 
											
												Ich bin für meine Klientinnen da.
											 
										 
																																				
											
												07:18
											 
											
												Andererseits wirst du natürlich auch von der öffentlichen Sozialverwaltung bezahlt.
											 
										 
																																				
											
												07:23
											 
											
												Das ist natürlich so etwas wie ein Spannungsverhältnis.
											 
										 
																																				
											
												07:26
											 
											
												Beziehungsweise es gibt neuerdings, das könnte man auch ein bisschen optimistisch interpretieren,
											 
										 
																																				
											
												07:32
											 
											
												ein drittes Mandat, wo man sagt, wir haben auch eine gesellschaftspolitische Herausforderung.
											 
										 
																																				
											
												07:39
											 
											
												Wir als Berufsgruppe sind auch dazu da, eine gerechtere und sozialere Gesellschaft mitzubewirken.
											 
										 
																																																					
											
												07:46
											 
											
												Behördliche Sozialarbeit hat natürlich auch in den letzten 15 Jahren zunehmend nur mehr ihre Kernbereiche.
											 
										 
																																				
											
												07:56
											 
											
												Das andere wird einfach ausgelagert und zugekauft von freien Trägern der Wohlfahrt.
											 
										 
																																				
											
												08:01
											 
											
												Es gibt gewissermaßen diesen Wohlfahrtsmix.
											 
										 
																																				
											
												08:04
											 
											
												Er ist aber nicht, wie viele glauben, ein ganz neues Phänomen und hätte mit dem Neoliberalismus zu tun.
											 
										 
																																				
											
												08:11
											 
											
												Ich als Historiker, der auch die Geschichte der Sozialen Arbeit immer wieder erforscht hat in den letzten Jahrzehnten,
											 
										 
																																				
											
												08:18
											 
											
												muss feststellen, seit den 1880er Jahren kann man nachweisen,
											 
										 
																																				
											
												08:22
											 
											
												dass die behördlichen Einrichtungen und Träger auf der einen Seite
											 
										 
																																				
											
												08:26
											 
											
												schon anno dazumal gesagt haben, wir haben viele Vereine,
											 
										 
																																				
											
												08:31
											 
											
												denen geben wir Subventionen und Förderungen und die sollen das und das für uns miterledigen.
											 
										 
																																				
											
												08:37
											 
											
												So ist es eigentlich seit eh und je in diesem historischen Ablauf einmal so und so das Mischungsverhältnis.
											 
										 
																																				
											
												08:44
											 
											
												Aber an sich ist es nichts Neues.
											 
										 
																																				
											
												08:47
											 
											
												Es führt natürlich auch dazu, dass jetzt in den Handlungsfeldern teilweise natürlich die Bezahlung auch variiert.
											 
										 
																																				
											
												08:56
											 
											
												Es ist so, dass die Verberuflichung des weiblichen sozialen Ehrenamtes
											 
										 
																																				
											
												09:03
											 
											
												am Vorabend des I. Weltkrieges seine ersten Ausprägungen hatte mit gesetzlichen Veränderungen,
											 
										 
																																				
											
												09:10
											 
											
												dass man überhaupt in die Familie hineinintervenieren konnte.
											 
										 
																																				
											
												09:13
											 
											
												Bei Missbrauch und bei Vernachlässigung hat man dann das Jugendamt gesetzlich institutionell geschaffen.
											 
										 
																																				
											
												09:20
											 
											
												Dann hatte man die Herausforderung und am Ende des I. Weltkrieges
											 
										 
																																				
											
												09:25
											 
											
												beziehungsweise zu Beginn der Ersten Republik im Jahre 1918
											 
										 
																																				
											
												09:28
											 
											
												hat man dann erstmalig ein öffentlich rechtlich anerkanntes Ausbildungssystem bekommen.
											 
										 
																																				
											
												09:34
											 
											
												Wir haben heutzutage in jedem Bundesland eine Ausbildung. Das war aber nicht immer so.
											 
										 
																																				
											
												09:39
											 
											
												In jedem Bundesland haben wir eine Sozialarbeiterinnen-Ausbildung.
											 
										 
																																				
											
												09:42
											 
											
												Aber es sind keine geklonten identen Ausbildungsprogramme.
											 
										 
																																																					
											
												09:48
											 
											
												Es ist klar, die Grundsachen sind überhaupt keine Frage.
											 
										 
																																				
											
												09:53
											 
											
												Es gibt dann natürlich standortbezogene Profile, Akzente und dergleichen mehr.